„Das Konzept der Bücher, die vom Archiv der Jugendkulturen herausgegeben werden, kann meines Erachtens prinzipiell nicht genug gewürdigt werden, bekommt man doch einen authentischen Einblick in eine Jugendkultur, die sich sonst gegenüber Erwachsenen eher reserviert und bisweilen sogar ablehnend verhält. Auch ’Freaks für Jesus’ will nicht über die Jesus Freaks reden, sondern sie selbst zu Wort kommen lassen. Insgesamt 28 Beiträge sollen ein authentisches Bild der Bewegung vermitteln. Auch bei mehrmaligem Durchblättern interessant wird das Buch erst durch die Fotos, Flyer, Plakate und Auszüge von Homepages und aus Foren, die die Selbstdarstellung abrunden. Dieses Material ist auch als ’Steinbruch’ zum Beispiel für Unterrichtsstunden sehr gut zu verwenden. Der abschließende Artikel über ’Christliche Jugendmusik in Deutschland’ verdient sogar allerhöchstes Lob. Auch wenn er das eigentliche Thema nur am Rande streift, so ist diese Zusammenstellung doch ausgesprochen erhellend und so aufbereitet, dass sie vielen Erwachsenen, die ratlos vor christlicher Jugendkultur der Gegenwart stehen, einen Orientierungsrahmen geben kann. Dies sind die positiven Seiten und diese Seiten rechtfertigen den Kauf allemal.
Leider gibt es auch negative Seiten: Der einleitende Artikel beginnt – wenig nahe liegend – mit dem amerikanischen Präsidenten George Bush und dem Irak-Krieg, um dann einen jähen Bogen zu der Hamburger Punkszene zu schlagen, in deren Kontext die Jesus-Freaks-Bewegung ihren Anfang nahm. Auch wenn es am Ende der Einleitung heißt: ’Die Jesus Freaks heute pauschal diesem Netzwerk rechtskonservativer christlicher Fundamentalisten zuzurechnen, wäre jedoch falsch und polemisch’, so geht doch der gesamte Duktus der Einleitung genau in diese Richtung. Selbst wenn dies nach meiner Beobachtung zum Teil zutrifft, so wäre die Frage zu stellen, ob sich die Jesus Freaks damit wirklich von anderen Jugendkulturen unterscheiden. Dass Jugend nicht mehr in der Weise links und politisch engagiert ist, wie es vielleicht vor einem Vierteljahrhundert im Kontext der Friedensbewegung der Fall war, kann man den Jesus Freaks wirklich nicht vorwerfen. …“ Heiko Ehrhardt in: Materialdienst. Zeitschrift für Religions- und Weltanschauungsfragen (EZW)
„Mit der vorliegenden Veröffentlichung beschreitet Klaus Farin konsequent den in verschiedenen Publikationen vorher bereits sporadisch angedeuteten Weg der Beschäftigung mit den etwas anderen Christen. Waren es in diesen Publikationen Verweise auf szenetypische Momente, die bei den Jesus Freaks zu finden sind, liegt beim vorliegenden Buch der Schwerpunkt auf dem Blick hinter die Kulissen. Exemplarisch kommen dabei Jugendliche mit ihren spezifischen Sichtweisen zu Wort, werden befragt auf die Auswirkungen ihrer Glaubensattitüde im täglichen Leben und zu den ‚Knackpunkten‘ Sex, Drogen und gleichgeschlechtliche Lebensweise. Was bei den Interviews deutlich wird: Hier ist kein sensationsgeiler Reporter unterwegs ins Panoptikum unserer Tage. Das Interesse ist ehrlich, die Würde der Befragten wird bei aller Skepsis des Autors jederzeit gewahrt. Dies ist um so bemerkenswerter, da die Statements der Interviewpartner nicht immer widerspruchsfrei sind. Aber dies scheint nun mal in der Natur der Sache zu liegen. Ein lesenswerter Kurzabriss unseres CrossOver-Häuptlings Roland Ludwig über die Geschichte und den gegenwärtigen Zustand der christlichen Jugendmusik in Deutschland komplettiert das reichlich hundertseitige Büchlein und verleiht ihm damit auch einen lexikalischen Charakter. Hier kann der Käufer zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die christliche Jugendmusik wird übrigens von Ludwig anhand ihrer Geschichte skizziert, über den Zuschreibungsfaktor ‚Markt‘ analysiert und mittels ihrer Stile klassifiziert. Das bleibt überblicksartig, gibt aber wichtige Hinweise und wird durch sehr brauchbare Quellenangaben ergänzt. Hier kann dann der/die Interessierte auf weitere Forschungsreise gehen. Und die ist nicht nur dem Insider zu empfehlen, sondern der generell an Beweggründen menschlichen Handelns interessierten Leserschaft.“ Thomas Feist in: www.crossover-agm.de
„Im Feuilleton wird derzeit allerorts ein Comeback der Religionen bei Jugendlichen vor allem im islamischen und christlichen Sektor prognostiziert. Dies löst Beunruhigungen aus, scheinen diese neureligiösen Trends doch nicht unbedingt mit den Idealen einer modernen, toleranten Zivilgesellschaft kompatibel zu sein, wie zuletzt bei den US-Wahlen der wahlentscheidende Machtfaktor Evangelisten gezeigt hat. Und in der Tat ist nicht alles progressiv, was da heranwächst, selbst wenn es im schrillen Gewand der Punks und Techno-Jünger daherkommt wie bei den so genannten Jesus Freaks: Homosexualität und Kiffen ist ‚eine Sünde wie Mord oder Lügen‘, ebenso Sex vor der Ehe, Scheidung, Abtreibung oder ‚Rebellion‘ – erklären die 16-30-jährigen Jesus Freaks, die in der neuen Szene-Studie von Klaus Farin und seinen MitstreiterInnen beim Archiv der Jugendkulturen zu Wort kommen. Zwar sprechen sie sich zumeist gegen gesellschaftliche Repressionen aus und bezeichnen ihre Haltung als ‚individuelle Glaubenseinstellung‘, die sie durch ‚Überzeugung‘, nicht Sanktionen unter den Menschen verbreiten wollen, doch die unbefangene Leserin fragt sich unwillkürlich: noch? Und was ist, wenn diese in den Interviewporträts durchaus sympathisch-freundlich wirkenden ‚Freaks‘ älter und vielleicht einflussreicher werden und ihre jugendgemäße Toleranz allmählich verlieren? Halten die eifrigen Missionare im Auftrag des Herrn den Widerspruch zwischen ihrem zutiefst fundamentalistisch-frommen Glauben, der die Bibel eins zu eins ohne historische Abstriche zur moralischen Grundhaltung ihres Lebens erklärt, und dem doch aus ihrer Perspektive unsäglich hedonistisch-liberalen Leben ihrer Umwelt aus? Noch ist es verfrüht und polemisch, die diversen Gruppierungen ‚wiedergeborener Christen‘ am Rande der Amtskirchen wie die derzeit in Deutschland nicht mehr als 10.000 Mitglieder zählenden Jesus Freaks in die so mächtige wie reaktionäre Bewegung der amerikanischen Evangelisten einzuordnen, doch zahlreiche ideologische Parallelen und konkrete Vernetzungsbemühungen sind unbestreitbar vorhanden. Hier sollten progressive Christen und andere rechtzeitig den Dialog suchen und das Feld nicht den Heilsbringern von rechtsaußen überlassen.
Publikationen des Archiv der Jugendkulturen zeichnen sich üblicherweise dadurch aus, dass sie frühzeitig – bevor die Wissenschaft und die seriöse Publizistik das Thema entdeckt – auf neue, gesellschaftlich relevante Entwicklungen im Umfeld jugendlicher Kultur- und Freizeitwelten aufmerksam machen. Dass das kleine private Institut so schnell wie fundiert auf Trends reagieren kann, liegt an der immer wieder bewusst gesuchten Nähe zu den Szenen selbst. Selbst Angehörige üblicherweise verdeckt agierender Szenen wie Satanisten oder Neonazis werden – trotz offen bekundeter inhaltlicher Distanz – mit dem Versprechen geködert, ausführlich und unzensiert zu Wort zu kommen. So sind die Veröffentlichungen des Archiv der Jugendkulturen stets sehr genaue, authentische Abbilder der subkulturellen Realität vor allem von Szenen, an die sich ’normale’ ForscherInnen oft gar nicht herantrauen oder schon aufgrund ihres Habitus keine Chancen haben – und damit eine unerschöpfliche und unverzichtbare Quelle für die Arbeit eben dieser anderen WissenschaftlerInnen, aber auch für politische BildnerInnen, Medien- und Bewegungsmenschen.
Die theoretische Reflexion, gar Theoriebildung ist allerdings keine Stärke der eher ethnographisch ausgerichteten Studien des Archiv der Jugendkulturen. Das gilt auch für diese Veröffentlichung: Farin liefert ergänzend zu den zahlreichen und durchaus widersprüchlichen und spannenden O-Tönen der ‚Freaks‘ eher knappe Kommentierungen, erläutert allerdings zum ersten Mal in einem Anhang ausführlich die Arbeitsweise und Forschungspraxis ’seines‘ Hauses.“ Edith Winner in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen